„Stolzmonat“: Queerfeindliche Aktionen im Regierungsbezirk Köln
Dieser Text wurde veröffentlicht am:
12. August 2024
Aktivist*innen der Revolte Rheinland waren am 28. Juni mit einem queerfeindlichen Infostand in Siegburg vertreten: Dabei posierten sie unter anderem mit einer so genannten „Stolzmonat“-Fahne, die als „Gegenstück“ zur Regenbogenfahne gilt: Der „Stolzmonat“ wurde im Sommer 2023 vom neurechten Milieu ins Leben gerufen und richtet sich explizit gegen die queere Bewegung.
Im Rahmen des Infostands der Revolte Rheinland wurden jedoch nicht nur Flyer, sondern auch ganze Bücher wie „Das Nibelungenlied“ sowie der Gedichtband „Leier und Schwert“ des nationalistischen Dichters Theodor Körner verteilt. Dieser war von den Nationalsozialist*innen intensiv vereinnahmt worden: In seinem Gedicht „Männer und Buben“ von 1813 schrieb Körner: „Das Volk steht auf, der Sturm bricht los“. Propagandaminister Joseph Goebbels verwendete diese Zeile in leicht abgewandelter Form während seiner berüchtigten Sportpalastrede von 1943: „Nun Volk, steh’ auf, und Sturm, brich los“.
Im Nationalsozialismus waren queere Menschen von Verfolgung und Repression betroffen. Dies war auch in der Stadt Köln der Fall: Zur Zeit der Weimarer Republik hatte es noch eine lebendige, homosexuelle Szene in der Domstadt gegeben. Die Machtübernahme der Nazis setzte dem ein Ende – in ganz Deutschland wurden Homosexuelle verfolgt, eingesperrt, zwangskastriert und auch in Konzentrationslager verschleppt. Heinrich Himmler richtete ab 1936 eine eigene „Reichszentrale zur Bekämpfung der Homosexualität und Abtreibung“ ein. Die NS-Herrschaft bedeutete für hunderte, homosexuelle Menschen in Köln Gefängnis- und Zuchthausstrafen – manche starben in Konzentrationslagern, einige wurden im Gefängnis Klingelpütz hingerichtet. Die Geschichtswissenschaft geht davon aus, dass im Nationalsozialismus zwischen 5000 und 15.000 Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung in Konzentrationslager interniert worden sind.
Das aktuelle Konzept des „Stolzmonats“ belegt eine fortdauernde Queerfeindlichkeit in den verschiedenen Milieus der extremen Rechten. So führten etwa Personen aus dem Umfeld von Lukreta und AfD am 11. Juli eine transfeindliche Vortragsveranstaltung in Siegburg durch und traten am 3. August mit queerfeindlichen und antifeministischen Plakaten auf der Pride in Essen auf. Bereits im vergangenen Jahr hatten Personen aus dem Umfeld der Revolte Rheinland einen „Regenbogen-Zebrastreifen“ in Bonn mit den Farben der Deutschlandfahne überklebt: Drei ihrer Aktivist*innen erhielten dafür nun Strafbefehle. Auch bei der diesjährigen Kölner Parade zum „Christopher Street Day“ (CSD) am 21. Juli provozierten 13 Personen durch Zerstören von Regenbogenfahnen sowie rechtsradikale und queerfeindliche Parolen. Die Polizei erteilte Platzverweise und nahm Anzeigen auf. Schon im Vorfeld des CSD waren Sticker mit dem Logo der Jungen Alternative und dem „Stolzmonat“-Emblem im Kölner Agnesviertel aufgetaucht, zudem gab es eine martialische Anschlagsdrohung aus dem islamistischen Milieu. Sowohl in der extremen Rechte als auch im Islamismus werden antisemitische sowie queer- und frauenfeindliche Ideologien vertreten.
Noch bis zum 02. Februar 2025 ist die Ausstellung „Antifeminismus – eine politische Agenda“ in den Räumlichkeiten des NS-Dokumentationszentrums zu sehen. Die Ausstellung des Projekts „Spotlight – Antifeminismus erkennen und begegnen“ möchte mit Fokus auf den bundesdeutschen Kontext zur weiteren Auseinandersetzung mit dem Thema anregen. (at) (ds)